Und schon wieder regnet es und ist düster draußen: Wenn ich in solchen Momenten aus meinem Bürofenster blicke, kann ich tatsächlich nicht ganz glauben, dass der 20. März schon vorbei ist. Und wir somit, offiziell betrachtet, den astronomischen Frühlingsanfang schon durch haben.
Nun ist das mit dem Frühlingsanfang ja so eine Sache. Kalendarisch richten wir uns nach der Position der Erde zur Sonne aus. Wenn die Nordhalbkugel beginnt, sich der Sonne direkt zuzuwenden und unsere Tage länger werden, fängt bei uns der Frühling an. Nur: Die Natur hält sich nicht an unsere kalendarischen Vorgaben, sondern macht sowieso, was sie will. Dies führt dann dazu, dass es, je nach Herangehensweise, auch noch ganz andere Zeitpunkte im Jahr gibt, die als Frühlingsanfang gelten können. Betrachtet man das Ganze streng meteorologisch, haben wir bereits seit dem 1. März Frühling. Die Wetterforscher machen es sich dabei ganz einfach: Alle drei Monate wechselt die Jahreszeit. Blöd, dass dem Frühling das niemand gesagt hat, oder?
Die Jahreszeiten der Pflanzen
Eine weitere Möglichkeit, die Jahreszeiten einzuteilen – und die mir als Biologin natürlich sehr sympathisch ist – ist die Phänologie. Versetzen Sie sich in eine Zeit zurück, in der die Menschen keinen genormten gregorianischen Kalender hatten. In der Astronomie zwar bekannt war, aber ein Stück weit als das Hobby von Aristokraten oder Gebildeten betrieben wurde. Wetterkunde wurde nach dem Vogelflug betrieben – oder nach dem Stand der Wolken. Das klingt jetzt zwar erst einmal total ungebildet. Trotzdem waren die Menschen in der Lage, Landwirtschaft zu betreiben. Zumindest die Reichen hatten oft auch Gärten.
Der Betrieb von solchen Nutzflächen beruhte damals hauptsächlich auf Erfahrungswerten, die innerhalb der Natur gesammelt wurden: Sobald die ersten Haselnusssträucher blühen, die Schneeglöckchen aus der Erde erscheinen, begann auch für die Bauern die arbeitsreiche Zeit. Dies zog sich dann durch das gesamte Jahr, das sich nach diesem System in insgesamt zehn „Jahreszeiten“ einteilen lässt (s. Erläuterung unten). Auch heute ist die Phänologie übrigens immer noch eine wichtige Hinweisquelle auf die Wetterentwicklung, die zum Beispiel auch der Deutsche Wetterdienst regelmäßig einsetzt.
Fliederpflanzen in der Phänologie
Nun erzähle ich Ihnen das Ganze natürlich nicht nur, weil ich Phänologie an sich spannend finde. Sondern auch, weil Fliederpflanzen sich sehr gut dafür eignen, Teile des „natürlichen“ Jahreszyklus abzubilden. Da sie eigentlich immer gleich auf Veränderungen ihrer Umwelt reagieren, kann man ihre jährlichen Entwicklungsphasen dafür nutzen, um Hinweise auf Klimaveränderungen zu bekommen. Achten Sie doch einmal auf den Flieder in Ihrem Garten. Solange ihre Knospen „ausgetrocknet“ – also im Ruhezustand – sind, wird auch von der Pflanze kein Wetterumschwung zur Wärme „erwartet“. Im Spätwinter schwellen die Knospen durch Feuchtigkeitsaufnahme an – die Pflanze bereitet sich auf die warmen Tage vor, die das Blatt- und Blütenwachstum auslösen. Und dann ist es auch nicht mehr weit zu meinem persönlichen phänologischen Frühlingsanfang – wenn dann nämlich der Flieder endlich blüht.
Phänologische Jahreszeiten:
Quellen: DWD/Phänologische Jahreszeiten und DWD/Pflanzenentwicklung
Jahreszeit | Zeitraum | Anzeichen |
Vorfrühling | Mitte Februar-Mitte März | Haselnuss (Blüte), Schneeglöckchen (Blüte) |
Erstfrühling | Mitte März-Ende April | Forsythie (Blüte), Stachelbeere (Blattentfaltung) |
Vollfrühling | Ende April-Ende Mai | Flieder (Blüte), Apfel (Blüte), Stieleiche (Blattentfaltung) |
Frühsommer | Ende Mai-Mitte Juni | Schwarzer Holunder (Blüte), Robinie (Blüte) |
Hochsommer | Mitte Juni-Anfang August | Sommerlinde (Blüte), Johannisbeere (Fruchtreife) |
Spätsommer | Anfang August-Ende August | Frühapfel (Fruchtreife), Eberesche (Fruchtreife) |
Frühherbst | Ende August-Mitte September | Schwarzer Holunder (Fruchtreife), Kornelkirsche (Fruchtreife) |
Vollherbst | Mitte September-Mitte Oktober | Rosskastanie (Fruchtreife), Stieleiche (Fruchtreife) |
Spätherbst | Mitte Oktober-Mitte November | Stieleiche (Blattverfärbung), Eberesche (Blattfall) |
Winter | Mitte November-Mitte Februar | Stieleiche (Blattfall), Apfel (Blattfall), Europäische Lärche (Nadelfall) |
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