Mit Fliederpflanzen und ihren Schöpfern ist es eigentlich wie überall in der Welt. Wenn man sie vorstellt, fallen zwangsläufig immer wieder die Namen einiger weniger, die mit ihrem Lebenswerk dafür gesorgt haben, dass wir eine reiche Hinterlassenschaft an Kreationen haben. Leonid Kolesnikov ist für die Fliederzüchtergemeinde so ein Mensch gewesen – ich muss jetzt eigentlich wirklich dringend einmal näher über ihn sprechen.
Eine Dynastie von Fliederzüchtern
Einen mindestens ebenso großen „Fußabdruck“ hat ein Franzose hinterlassen, der vorwiegend im Jahrhundert vor Kolesnikov aktiv gewesen ist: Victor Lemoine. Ja. Auch der Name ist hier natürlich schon mehrfach gefallen. Oder zumindest der Name Lemoine – bezieht er sich doch auf eine ganze Dynastie von Fliederzüchtern, wenn auch Victor der bei weitem Bedeutendste gewesen ist. Die Familie hatte ihr Geschäft seit dem 19. Jahrhundert bis weit in das 20. Jahrhundert in Nancy. Einer Stadt, die die meisten vermutlich nur über ihre Beiträge zum UNESCO-Welterbe kennen: den Place Stanislas, Place d’Alliance und Place de la Carrière. Drei wirklich schöne Plätze mit liebevoll restaurierten und in Schuss gehaltenen Prachtbauten aus dem 18. Jahrhundert.
Aber in diesem Blog soll es ja vor allem um Pflanzen gehen – denn auch auf diesem Gebiet braucht sich die Stadt keineswegs zu verstecken. Und dies natürlich auch wegen den berühmten Lemoines. Man muss sich die folgende Aufzählung einmal auf der Zuge zergehen lassen: Insgesamt 239 Hektar Grünflächen, 8.000 Quadratmeter Blumenflächen, verteilt auf 125 Stellen in der Stadt, elf Parks und 13 Gartenanlagen und ein Botanischer Garten sind die beeindruckenden offiziellen Zahlen von Nancy. Wie verbunden die Stadt ihrer berühmten Züchterfamilie ist, sieht man übrigens an einer meiner Meinung nach unglaublichen Leistung. Die Verantwortlichen des Botanischen Gartens haben es geschafft, alle Züchtungen der Lemoines bei sich in einer großen Kollektion zusammen zu tragen. Unfassbar, wie lange das gedauert haben muss! Hierzu ein ehrlich beeindrucktes „Chapeau!“ von mir nach Frankreich – wir reden hier immerhin von über 200 namentlich bekannten Sorten!
Lemoines „Bruder im Geiste“
Vermutlich wird man nach diesen Menschen wohl keine Fliedersorte benennen. Was ich schade finde. Verdient hätten sie es – aber die Zeit der großen europäischen Fliederzüchter ist leider ein Stück weit vorbei. Ein anderer Sohn Nancys hatte in dieser Hinsicht mehr Glück. Auch, weil er von 1873 bis 1925 in der Stadt lebte. Und somit ein Zeitgenosse des großen Victor Lemoine war: Paul Thirion war ein Botaniker, der sein Leben dem Aufbau der Parks in Nancy gewidmet hatte. Mit beeindruckendem Erfolg, wie wir heute noch sehen. Ein mehr als ausreichender Grund für die Lemoines, eine Fliedersorte nach ihm zu benennen. Und die „Lovely Lilac“ aus dem Jahr 1915 zeugt von dem hohen Ansehen, das Thirion bei der Züchterfamile genoss. Sie bildet purpurfarbene Knospen aus, die sich zu magentafarbenen, gefüllten, Einzelblüten öffnen. Ein wirklich wunderschöner Anblick! Das Gesamtbild rundet der typische Fliederduft ab, den die Pflanze sehr reichlich produziert. An dieser Stelle komme ich dann immer ins Träumen und stelle mir vor, wie ich eine Gartenanlage durchwandere: Um mich herum der voll aufgeblühte Flieder, der mich mit seinem Duft betört. Ich bleibe stehen und schließe die Augen, bin weit weg vom Alltag und seinem Stress. Ich… sollte den Traum erst mal beenden – der Frühling kommt ja bald.
Französischer Flieder
Übrigens noch einmal kurz zum Thema „gefüllte Blüten“, die ja – unabhängig davon, wie sinnvoll sie biologisch betrachtet sind – wirklich wunderschön aussehen. Victor Lemoine war der erste Züchter, dem es gelang, gefüllte Flieder-Hybriden zu produzieren. Auf seiner Arbeit bauten dann andere bedeutende Züchter des 20. Jahrhunderts wie Ludwig Späth in Berlin oder der bereits erwähnte Leonid Kolesnikov in Moskau auf. Noch heute werden deswegen alle gefüllten „Lovely Lilacs“ auch als „french lilacs“ bezeichnet. Viele davon finden Sie natürlich auch in unserem Shop, wie die „Paul Thirion“, die mich immer an zwei große Männer erinnert…
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